Faszination in Moll oder Sinfonie in Dur – Ingrid Jacobi
Dass Kunst keine einfache Sache ist, haben wir schon immer gewusst, dass sie nur schwer erklärt werden kann, ist auch vielen klar. Dass sie mit dem „Zeigefinger“ Defizite unserer Lebenswelten offenbart und kritisch betrachtet, ist eine Aufgabe, der sich die Malerin Ingrid Jacobi in einigen Bildern widmet. Es sind aktuelle und zeitlose Themen, die uns alle beschäftigen, die in den Bildern von Ingrid Jacobi erkennbar werden und deren Eindrücklichkeit im besten Sinne faustisch scheint.
„Das Malen muss ein Wagnis sein“, sagt Ingrid Jacobi und lässt ihre Werke bei der Arbeit entstehen. Die Materialien, die sie verwendet, passen zu diesem experimentellen Schaffensprozess. Mit Bitumenbahnen, die erhitzt werden müssen um sie zu strukturieren, mit Alabastergips, der mit Wasser angerührt, geraume Zeit zu bearbeiten ist und mit Acrylfarben hat Ingrid Jacobi eine ganz eigene, individuelle Mischtechnik entwickelt, die charakteristisch für die Hamburger Malerin ist und die sie zu einem Solitär in der Kunstszene macht.
Durch diese spezielle Mischtechnik erzielt sie keramische Effekte, deren Wirkung den Betrachter zu dem Ideenzusammenhang, der einzelnen Bildern zugrunde liegt, hinführt. Durch die Betitelung der Bilder setzt die Künstlerin ein Zeichen für die Interpretation. So wird in dem Bild „Brandrodung“ verkohlte Erde offensichtlich, die Vernichtung der Natur bis zur totalen Apokalypse drängt in das Bewusstsein des Betrachters und lässt ihn erschauern. Bitumen mit seinem bedrohlichen Schwarz und erstickender Zähflüssigkeit zeigt hier überdeutlich einen direkten Zusammenhang zwischen Material und Sujet.
Den größtmöglichen Kontrast erreicht Ingrid Jacobi eben durch die Wahl des Materials, das in vielen Bildern quasi leitmotivisch eingesetzt wird. Alabastergips in ihrem Bild „Schneeschmelze“ weist hin auf natürliche Vergänglichkeit und den immer wiederkehrenden Kreislauf der Natur. Damit vollzieht sie mit spielerischer Leichtigkeit den Wechsel von den Moll- in die Durtonarten und zeigt, das Beides im menschlichen Dasein gleichberechtigt nebeneinander steht.